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Tja, Carmaks enttäuscht ein wenig. Das Gespräch mit zu Hause bricht unvermittelt ab. Wir wollen Abenteuer. Auf dem Highway Nr. 4 (Robert Chambell Highway) fahren wir bis Watson Lake. Dabei machen wir viele Pausen. Paul ist das erste mal in dieser Gegend und offen für alles. In Faro versuchen wir zu frühstücken. 30 Jahre lebte die Stadt vom Bergbau, Zinn und Blei. Seit 30 Jahren wird alles zurückgebaut. Viel Geld wird dafür verwendet, um den Ort nicht zum lost Place zu machen. In der (einzigen) werkskantine ( der general store hat seit langem geschlossen, Hotels gibt es nicht aber einen Golfplatz, Restaurants sind unbekannt) kaufen wir ein Sandwich und Kaffee, den es hier überall gibt. Die gutaussehende junge Frau (21) erzählt mit weinerlicher Stimme, dass es ihr großer Traum ist bei der Bergbaufirma zu arbeiten. Leider gibt es nicht genug Arbeit. Ihre Mutter sei damals wegen des Bergbaues (Tagebau) hierhergekommen, als alles noch blühte. Der Vater sei irgendwo! Eine typisch amerikanisch/kanadische Vita. Selbst der 68-iger im Ort betont, das ihm die letzte Freundin vor 6 Jahren weggelaufen sei, weil sie das Leben im Yukon nicht ausgehalten hat. Der Ort gleicht den vielen Orten im Yukon: vernagelte Fenster, leerstehende Häuser ( 10-20%)
Ross River ist ebenfalls einen Abstecher wert. Die Brücke über den Fluss ist inzwischen nur für Fußgänger zugelassen. Autos in Richtung Norden zu den Ölfeldern müssen die Fähre benutzen. Manchmal kommen bis zu zwei Autos täglich, welche die Fähre benutzen müssen. Ab 15. Oktober wird der Betrieb eingestellt. Dann ist Winterpause. Man ist froh, Arbeit zu haben! Wir entscheiden uns nach kurzer Probefahrt nicht die Strecke nach Süden zu nehmen, sondern fahren weiter östlich den chambell highway. Flüsse, die selbst Garmin nicht kennt, Seen die größer sind als der Schweriner See und die keiner kennt, Flusstäler so tief im Felsen wie in der sächsischen Schweiz, ununterbrochener borealer Wald aus Tannen und Birken, riesige Ortschaften die aus weniger als 100 Häusern bestehen, Pisten die mehrmals jährlich geglättet werden und problemlos mit 80 km/ h genommen werden können. Bis auf 900 m schraubt sich die Schotterpiste. Ein lkw ist liegen geblieben. Aus 400 km Entfernung kommt der Reparaturwagen. Campingplätze sind an allen Seen vorhanden. Man fährt vor, füllt den Anmeldezettel aus und wirft das Geld in die Box. Dann steht man mit seinem Wohnmobil, Camper oder Wohnwagen an den Plätzen. Lagerfeuerschalen und Bänke sind vorhanden und das Holz liegt zentral in einer Box. Wasser und Elektrizität sind nicht immer vorhanden, aber man hat ja einen Generator und Tanks. Schilder weisen darauf hin was und wie viel geangelt werden darf. Natürlich ohne Widerhaken, denn der Fisch ( zu groß oder zu klein oder zu viel) muss ja wieder reingeworfen werden. Boote sind manchmal vorhanden.
Zwei junge Leute laufen mitten in der Wildnis ohne Gepäck auf der Straße. Das nächste Haus ist ca. 20 km entfernt, der nächste Ort mindestens 70 km. Sie nehmen an einem Projekt zur „mental Health“ teil um auf die hohe Selbstmordrate im Yukon aufmerksam zu machen. Besonders unter den First Nation ist die Quote signifikant höher als unter den Siedlern. Geschätzt wird eine Rate von 5-10 mal mehr.
Ein Farmer mäht mit einem alten Traktor Gras. Natürlich halten wir an. Er betreibt mit seinem Sohn ein Jagd-buisiness. Die Jäger mieten bei ihm Unterkunft und Pferde und jagen Steinböcke oder Karibu. Seit der Wolf intensiv bejagt wurde hat sich der Bestand der Wald-Karibu erholt so das eine gezielte Jagd hier möglich ist. Es ist gut, dass der Wolf bei uns so geschützt ist, denn wir haben ja keine Karibu. Eventuell sollten wir mal die Ureinwohner hier befragen, die bei solchen Entscheidungen in Canada immer mit eingebunden werden müssen.
Kurz vor dem Ziel, etwa 300 km, sehen wir Dunstwolken, die sich bald als Regen entpuppen. Zuerst war ich der Meinung, dass es Rauch sei, denn hier sind weite Landstriche vom Buschfeuer der letzten Jahre gezeichnet. Es dauert durchschnittlich 10 Jahre, bis die Birken den Boden so bedecken, dass er nicht mehr ausgewaschen werden kann und etwa 30 Jahre bis die Tannen die Birken verdrängen. Solange ragen die verkohlten Stämme als Wahrzeichen oder Warnzeichen in den Himmel. Die Temperatur geht von 28 auf 17 grad runter und es regnet. Die vielen Motorradfahrer, die nach uns kommen, tun uns leid.