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7.Tag

Ich verlasse die schneebedeckten Kuppen der Kaparten, die im Hintergrund von Hermanstadt sichtbar sind, bei strahlendem Sonnenschein. Die Autobahn ist hier zu Ende und so schlängelt sich der Verkehr über die Landstraße durch das Gebirge. Die hohen Kirchtürme der Deutschen (25 % der Bevölkerung hier bekennt sich zum Deutschtum) sind eine Abwechslung zu dem geduckten behäbigen orthodoxen Kirschkuchen. Es ist überwiegend Mischwald an den Straßen, über 70 % der Bäume hier sind Laubbäume, wie mir Bikerfreunde (Forstwirte) berichten. Die Gegend ist so schön, als würde man die Drin oder die Neretwa entlangfahren. An der Straße wird Käse verkauft.Ach, so manches Mal fühle ich mich wie in Russland vor 20 Jahren (nur die Straßen sind besser). Mitten in einer Spitzkehre lauter Imbissbuden – eine Fressmeile die so manchen LKW-Fahrer verführt stehen zu bleiben. Der so entstandene Stau ist über 2 km lang. 

In der Ebene gibt es wenig Abwechslung. Irgendwann muss ich anhalten und aus meiner Motorradkombi das Futter entfernen. Summer Starts hier, bei 28-30 Grad durchgehend. So hatte ich es auch geplant! Besonders kritisch wird der Verkehr um Bukarest. Baustellen, enge Straßen, Nachmittagsverkehr! Zur Grenze hin üben an dafür möglichen Stellen (Parkplätze mit Gebüsch) Damen ihren Beruf aus. 

Bestimmt 10 km LKW-Stau vor Russe. Ich fahre rotzfrech am Stau vorbei, keine Autos weit und breit. Brücken-Maut! Zum Glück nicht für Motorradfahrer. Die Brücke ist ein Klotz aus 1952 und seitdem nicht repariert worden. Am Eingang und Ausgang der Brücke stehen jeweils 2 Säulen. Man könnte vermuten, dass es die Beine vom Genossen Stalin waren, der hier schmunzelnd auf die  Menschen schaut! Auf der anderen Seite der Brücke ist bereits Bulgarien. Diese Grenze ist wiederum schärfer als die vorherigen. Jetzt möchte man noch meine Zulassung für das Motorrad sehen! Na ja, es sind viele Autotransporter in Richtung Süden unterwegs, die Autowerke in der Slowakei und Ungarn scheinen gut ausgelastet zu sein. Dabei kommen Erinnerungen hoch: Wie wir damals an einer anderen Stelle mit der Fähre übersetzen mussten. Den halben Tag hielt man alle PKW am Ortsrand auf einen Platz fest. Abends kam die Fähre und alles fuhr los, wie in Frankreich. Auf der Fähre bedeutete mir ein netter LKW-Fahrer dass ich die Kinder wegschicken solle. Kurze Zeit später erfuhr ich den Grund: ich verspürte ein Messer an meiner Seite und wurde gefragt, wie viele Personen wir seien. „Wahrheitsgemäß“ antwortete ich, dass ich alleine bin und brauchte deshalb nur 100 DM Schutzgebühr zu zahlen. In Bulgarien angekommen mussten wir nicht nur „Eintrittsgeld“ bezahlen, sondern auch Desinfektionsgebühr. Zum Schluss wurde uns einige Tage später das Auto gestohlen mit der gesamten Zeltausrüstung. Jetzt fahre ich wieder nach Warna! Zum Glück ist der Verkehr hier sehr gering, der Hafen scheint seinen Betrieb weitgehend eingestellt zu haben. Es ist Krieg in der Schwarzmeeregion der Ukraine und der Verkehr liegt ich hier lahm.

Die Unterkunft früher 18 euro ist genau das, was ich mir vorstelle: ein privat geführtes Gästehaus. Ich bekomme ein Zimmer zugewiesen mit 3 Betten und darf mich einrichten. Bis zum Zentrum sind es nur 50m, und so genieße ich einen kleinen Blick auf den Boulevard. Die Mädels und Frauen haben sich aufgebrezelt, denn auf der Promenade ist Schaulaufen angesagt. Die abgemagerten Girlies von Heidi Klum würden hier glatt verlieren.

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Egon Milbrod